Unglaubliche Milliardenbeträge werden herbeigezaubert. Derjenige, der als Finanzminister die „Schwarze Null“ erfunden hat, und den man bei den nun eingetretenen Folgewirkungen durchaus auch als solche bezeichnen kann, kam wieder als Reinkarnation einer „Schwarzen Null“ in gelber Tarnfarbe, noch weniger glaubwürdig. Anstatt „Schwarzer Null“ als höchstem Ziel der Politik wird nun von einem, der bis vor wenigen Wochen noch als Vertreter der „Schwarzen Null“ bekannt war, der Rüstungs- und Investitionsbedarf entdeckt. Bedarf 900 Milliarden Euro, zunächst. Dann jonglierend, es könnte auch mehr als 1 Billion sein, also 1.000 Milliarden. Viel Geld gefunden, wo auch immer. Erfunden aus dem nichts, herbeigezaubert.

Was hat das nun mit dem Tourismus oder gar der Kreuzfahrt zu tun, dem „normalen“ Thema hier in den Kommentaren? Es fällt einfach auf, wie schnell überall ein Wandel stattfindet. Nach dem vor kurzem noch so zentralen Thema Klimaschutz und dem anderen hochgepeitschten Thema Corona-Pandemie wird nunmehr die ganz große Keule herausgeholt. Klima-Killer Kreuzfahrt hat ausgedient, das zentrale Thema Klimaschutz wurde versenkt, durch Aufrüstung und Infrastrukturbedarf.

Nicht, dass man Investitionen nicht benötigen würde. Nach dem Bedarf für das Militär und die Infrastruktur wurden eher zwangsläufig, um Mehrheiten im Bundestag zu sichern, auch Bedarfslagen bei den Themen Bildung und Klimaschutz entdeckt, und die Milliardenbeträge für die Infrastruktur nicht nur etwas spezifiziert, sondern gleich auch noch mal aufgestockt. Spontan fällt da ein, dass Investitionen im Bereich Wohnungs- und Städtebau auch nicht ganz verfehlt wären, aber da soll ja nicht nur nicht investiert, sondern das zuständige Ministerium abgeschafft werden.

Eigentlich überall Bedarf – und dieser ist bekanntlich nicht vom Himmel gefallen, sondern wurde bewusst geschaffen, in den langen Jahren der schwarz-roten Koalitionsregierung, in vielen Bereichen weitergeführt durch die rot-grün-gelbe. Aber jetzt plötzlich die große Entdeckung?

Welch Überraschung. Nicht der Schutz der (Um-)Welt, nicht die Klimaveränderung, nicht all die sozialen und wirtschaftlichen Probleme weltweit konnten diese Entdeckung herbeiführen – nein, es musste ein Krieg sein, damit Rüstungsbedarf, verknüpft mit einem Infrastruktur-Bedarf, der bekanntlich nicht wenige Nähen zum Rüstungsbedarf hat, blickt man zurück auf die deutsche Geschichte. 900 bis 1.000 Milliarden Euro erfunden, aus dem Nirgendwo geholt – eingesetzt für Befürchtungen, Angst und Schrecken, nicht für die Lösung der Probleme, von denen vor wenigen Monaten noch behauptet wurde, dass sie die Welt in den nächsten Jahrzehnten drastisch verändern würden.

Ängstlich wie bei Kaninchen wird angesichts aggressiv agierender Supermächte, strategisch, launisch und unberechenbar, auf jeden Fall destruktiv handelnder Staatsoberhäupter, unterstützt durch medial gezielt ausgerichtete Informationspolitik, auf das kriegerisch-chaotische Handeln gestarrt. Das Denken ist eingefangen – alle haben sich ablenken lassen. Vergessen sind die Zeiten, in denen ein paar jüngere Menschen als Klima-Kleber auf den Straßen die Schlagzeilen beherrschen konnten. Schlagzeilen von gestern, abgelöst von den nächsten, weit schlimmeren.

Spätestens seit der Präsident der Vereinigten Staaten das Thema Klimaschutz von der Agenda gestrichen hat, Ansprüche auf den Panamakanal äußerte, Kanada zu einem Bundesstaat der USA machen wollte und Grönland mit Eroberung drohte, ähnlich auftrat wie derjenige, der bisher als der Aggressor bezeichnet wurde, und eine Wechselbad-Politik zwischen Krieg und Frieden mit einem enormen Rüstungsbedarf ausgerufen hat, ist es sehr still geworden um die bisher wichtigen Themen, die die „Eine Welt“ bestimmten, darunter der Klimaschutz. Fast über Nacht verschwand zum Beispiel dieses Thema aus den Debatten, damit auch die massive Kritik an der Kreuzfahrt, ausgerichtet auf das Kreuzfahrtschiff als dem Symbol für Umweltverschmutzung.

Problemlösungen? Nein danke. Weder hier noch dort. Es genügt leider zu oft der schöne Schein. Hauptsache lautstark in der Öffentlichkeit, gerne auch mit Pseudo-Lösungen, wenn dadurch die Situation vermeintlich befriedet werden kann. Ober noch besser – das Problem einfach aus den Schlagzeilen hebeln, mit herbeigezauberten Milliardenbeträgen, vor allem für die Rüstung und die Infrastruktur.

Diese Themen lassen sich auch ausgezeichnet „verkaufen“, gekoppelt mit Angst und Sorgen. Mit Klimaschutz oder beim Thema Tourismus wären persönliche Einschränkungen verbunden, gerade beim „Lieblingskind“ Reisen, wo wir weiterhin „Reiseweltmeister“ sind. Mit Rüstungs- und Infrastrukturinvestitionen wurden dagegen, blickt man in die Geschichte, schon öfters Arbeitsplätze geschaffen und die Wirtschaft angekurbelt und letztlich Kriege angezettelt. Auch nachhaltig wirkend, wenn man diesen Lieblingsbegriff aus dem Umweltschutz verwendet – leider zeigt sich da dann auch die inhaltsleere Mehrdeutigkeit eines Begriffes wie „nachhaltig“.

Zumindest in einer Werft wird der Schiffsbau für die Kreuzfahrt zum Schiffsbau für das Militär – irgendwie ist da etwas in Erinnerung, wenn man sonst vorwiegend über Kreuzfahrten schreibt. Wurden da nicht vor wenigen Jahren, während der Coroana-Pandemie, von diesem Staat, der nun insbesondere die Ausgaben für Militär und Infrastruktur drastisch erhöhen möchte, die insolventen MV-Werften übernommen, in denen Kreuzfahrtschiffe gebaut wurden, von der Werft, die für die Freizeitindustrie arbeitete? Mit der offen verkündeten Absicht, dort die Kapazitäten für den militärischen Schiffsbau auszubauen und Schiffe und U-Boote für die Bundeswehr ebenso wie für den Export zu bauen?

Übernahme des Werftstandorts Wismar durch den Staat zu Beginn des Jahres 2022; Thyssenkrupp bekundet das Interesse, in dieser Werft U-Boote und Marineschiffe für die Bundeswehr zu bauen; Verkauf der Werft an Thyssenkrupp. Ukraine-Kriegsbeginn Frühjahr 2022. Jetzt enorme Milliardenbeträge für die Rüstungsindustrie. Merkwürdige Verkettungen und Zeitläufe. Am Werftstandort Wismar entstand eines der weltweit größten Kreuzfahrtschiffe, staatlich mit vielen Millionen gefördert – jetzt sind es U-Boote und Marineschiffe, gefördert mit enormen Milliardenbeträgen.

Beschäftigt man sich so mit diesem Thema, und bezieht zumindest einen Verband mit ein, der sich in den letzten Jahren einen Namen im Klimaschutz bei besonderer Berücksichtigung der Kreuzfahrtschiffe als „Dreckschleudern“ gemacht hat, verbleibt eine spannende Frage: Wird wohl der NABU, der sich bezüglich der Kreuzfahrt so sehr um die Umweltverträglichkeit von Kreuzfahrtschiffen gekümmert hat, sich künftig um die Abgaswerte von U-Booten, Militärschiffen, Panzern und irgendwelchen Militärfahrzeugen kümmern? Um eine umweltbewusste Produktion? Womöglich gar um die Entsorgung all dessen, was gegebenenfalls von all dem übrig bleibt, ob Panzerschrott, Tretminen oder Patronenhülsen, Made in Germany? Die Überbleibsel von all dem, das von wem auch immer irgendwo auf dieser Erde eingesetzt wurde? Oder engagiert sich der Verband vielleicht gar nicht nur für die „Umweltverträglichkeit“, also um das um uns herum, sondern auch für die „Menschenverträglichkeit“, also um das Wohlergehen von uns allen?

Bernhard Jans
27. März 2025

  … zur Übersicht mit allen Kommentaren ➜  

  … zurück zur Startseite ➜  

Hinterlasse einen Kommentar